Vor nicht allzu langer Zeit hat uns leider eine liebgewonnene Seminaristin verlassen, um in der weiten Welt der Jugendhilfe noch mehr Erfahrungen zu sammeln. Zum Glück hat sie aber einen kleinen Rückblick auf ihre Zeit bei uns als Erinnerung dagelassen... Viel Spaß beim lesen!
Meine Zeit als Praktikantin am Michaelshof
„Ort für einen Neubeginn“
Das war es auch für mich. Auch wenn dieses Motto eigentlich für die Kinder und Jugendlichen gedacht ist, die auf den Michaelshof kommen.
Ich war mit der Schule fertig und nachdem ich ein Jahr meine Freiheit beim Reisen gekostet hatte, war mir klar, jetzt reicht's, jetzt will ich arbeiten und zwar mit Menschen!
Über Ecken hörte ich vom Michaelshof und kurze Zeit später hatte ich dort einen Platz als Praktikantin. Ich würde in einer Wohngruppen mit sechs Mädchen arbeiten.
Ich war voller Fragen. Wie ist es in einem Heim zu arbeiten? Wie sind die Kinder dort? Wie wird der Alltag gestaltet? Schaffe ich es mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten? Warum sind die Kinder dort? Was haben sie erlebt? Wie wird es mir dort gehen?
Im Gegensatz zu meinen ganzen Freunden, die es in große Städte wie Hamburg, Berlin und München zog, schickte mein Leben mich aufs Land. An diesen verträumten Ort, der zwischen Wald und Kirschbaumwiesen am Rande der Schwäbischen Alb liegt . Mein erster Eindruck: fantastischer Ausblick, Kinderstimmen- und Geschrei, Bienengesumme, Geräusche von Holzarbeiten, die Axt, die auf das Holz haut, der Holzscheit, der runterfliegt, die Sägen, die bewegt wird, Küchengeräusche und der Geruch des Essens aus Einrichtungsküche, Kinder die zwei Lamas oder das Pferd Merlin über den Hof führen, viele unterschiedliche, nette und freundliche Mitarbeiter
Im Oktober 2010 war es endlich soweit. Ich fuhr mit dem Zug von Freiburg nach Kirchheim unter Teck und war voller Vorfreude, Neugier, Begeisterung und Aufregung.
Am Bahnhof angekommen wurde ich herzlichst in Empfang genommen und fühlte mich sofort willkommen.
Die ersten Wochen wurde ich überschüttet von einer bunten, ereignisreichen und lernreichen Vielzahl an Eindrucken: zum einen die Rahmenbedingungen wie die Arbeitsabläufe, die Alltagsstrukturen und Regeln, die jedoch so regelmäßig waren, dass ich mich schnell zurecht finden konnte. Und zum anderen sechs total verschiedene Mädchen, mit denen ich nach und nach in Kontakt kam und sich eine Beziehung gestaltete. Ich wurde ausgetestet, befragt, musste immer wieder auch streiten, hatte jedoch genauso viel Spaß und schönen Begegnungen. Außerdem lernte ich meine neuen Arbeitskollegen immer besser kennen, die Kinder und Jugendlichen aus den anderen Wohngruppen und ebenso deren Erzieher.
Nach einiger Zeit jedoch konnte ich diese vielen Eindrücke für mich sortieren und dann kam eine Zeit in der ich sehr viel über mich selbst lernte. Vor allem lernte ich meine Stärken und Schwächen kennen. Kinder und Jugendliche spiegeln, wie man im Volksmund sagt, einem ja sehr gut sein Verhalten. Das kann sehr unangenehm sein, jedoch hat es in mir bewirkt, dass ich für mich an bestimmten Schwächen arbeiten wollte. Und zum Anderen hat es mir sehr viel Sicherheit und Vertrauen in meine Stärken gegeben.
In dieser Zeit entschied ich mich auch dazu, nach meinem Praktikum am Michaelshof die Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher zu machen.
Nachdem ich viel über mich selbst gelernt und begonnen hatte an mir zu arbeiten, kam anschließend eine Zeit, in der ich mit den gesammelten Erfahrungen, vieles ausprobieren konnte. Ich versuchte mich darin Angebote anzuleiten, besprach mit meiner Anleiterin Beobachtungen über Kinder, dachte über Hintergründe nach und versuchte Lösungsansätze für die Problematik verschiedener Mädchen zu überlegen.
So wurde der Ort Michaelshof, an dem ich einst ein Neuanfang begann, zu einem Ort, an dem ich gerne arbeitete und mich wohl fühlte.
Der Samen, der zu Beginn des Praktikums gesät wurde, kämpfte sich nach und nach durch die Erde entfaltete sich und trug Früchte. Er wuchs und wächst weiter und weiterhin ernte ich Früchte aus dieser Zeit.
Vielen Dank für die diese Zeit!!!
Lydia